Die Sechste Symphonie ist parallel zur Fünften entstanden und im gleichen Konzert uraufgeführt worden; beide bilden ein symphonisches Paar, das trotz mancher Übereinstimmungen im Detail gegensätzlicher kaum hätte ausfallen können. In der »Pastorale« gibt es kein Schicksal, das zu bewältigen, und keinen Kampf, der zu gewinnen, und also auch keinen Triumph, der zu feiern wäre. Es gibt ein Gewitter, das nicht »besiegt« werden kann, aber überstanden wird und deshalb Gefühle der Dankbarkeit weckt – von Konflikt keine Spur. Die Musik entspricht ihrem in seltener Eindeutigkeit benannten Gegenstand vollkommen; zumal die Naturbilder des ersten und vor allem zweiten Satzes, Idylle friedvoller Geborgenheit, kein Ziel zu kennen, sondern selig in sich selbst zu ruhen scheinen . In ihnen bleibt die Zeit stehen, und wer keinen Sinn hat für Beschaulichkeit, ist verloren. Es ist überaus faszinierend, dass in dieser Musik die thematische Arbeit nicht weniger ausgeprägt ist als sonst – nur findet sie eben, einer organisch wachsenden Natur entsprechend, fast unmerklich statt. Die muntere Tanzszene wird unterbrochen durch das nahende Unwetter, so effektvoll instrumentiert, dass selbst die Blitze hörbar sind; sein letztes Donnergrollen geht über in einen arkadischen Gesang ungetrübten Wohlgefühls – Rückkehr der friedvollen Natur. Auch hier entwickelt sich nichts, treibt nichts nach vorn, im Gegenteil: Der Satz könnte beinahe ad infinitum so weitergehen. Ein Schwelgen im Augenblick, ein musikalisches »Verweile doch«.
